von Silvan

Auf einer Lichtung unter dem sternbefunkeltem Firmament steht ein großes Zelt mit schwarzen Planen, aus dem Feuerschein nach draußen fällt.
Es steigen Rauch und gedämpfte Klänge von Gitarren und Gesang hinaus und legen sich über die schlafende Natur. Schnellen Schrittes geht es auf das Zelt zu und hinein.
Eine eigenartige Szenerie eröffnet sich: junge Menschen mit roten Wangen, offenen Mündern und Augen, in denen sich Begeisterung und ein Feuer spiegeln, das in der Mitte des Zelts brennt. Sie sitzen dicht an dicht auf dem Boden, einige haben Gitarren in der Hand und hauen voller Eifer in die Saiten.
Ein Klangerlebnis, dem sonst kaum wo zu lauschen ist. Gitarrenakkorde unterlegen Stimmen unterschiedlichster Höhe und Lautstärke. Ab und an klingen gezupfte Melodien von besonders ambitionierten Menschen durch den Kreis.


Kerzen und Fackeln sind neben dem Feuer die einzige Lichtquelle. Sie beleuchten aufgeschlagene Bücher, in denen sich das Liedgut der jungen Menschen verbirgt. Es besteht aus deutscher Volksmusik von Liedermachern und traditionellen historischen Stücken, irischer und schottischer Volksmusik sowie Liedern, die den Kulturen Englands, Russlands, Skandinaviens und denen vielen weiteren Ländern entsprungen sind.

Die Lieder sind wie die Stimmung der Jugendlichen: Mal voller Enthusiasmus und purer Lebensfreude, mal ernst, getragen und traurig, manche witzig und manche episch.
Zum Ausdruck gebrachte Emotionen und Stimmungen lassen sich in dieser Atmosphäre genießen.
Gemeinschaft, Miteinander und Freiheit klingen zwischen den Zeilen unterschwellig in die weite, kalte Nachtluft.

Innerhalb der dunklen Zeltplanen ist es wohlig warm, behaglich und kuschelig.
Ein großer Topf neben dem Feuer enthält warmen Tee - sogenannten Tschai - mit Früchten und weiteren Zutaten, die nur Eingeweihte kennen. Er hebt bei Ausschank die Stimmung einmal mehr und wird freudig mit einem Lied als Wärmespender empfangen.

Die anfänglich ausgelassene Stimmung schlägt später um, wird ruhiger und andächtiger. Einige sind jetzt schon zu sanfteren Melodien und ruhigeren Stücken eingeschlafen. Der Rest besingt noch eine Weile Skandinaviens Natur, die Gemeinschaft oder alte Märchen- und Sagengestalten, bis die Augen schwer und die Finger müde werden.

Sie alle wissen, dass sie an diesem Abend mit der Musik ihre Freiheit und das Miteinander gelebt haben und sie am nächsten Morgen erholt ihren Aufgaben nachgehen können und werden.


Auch beim restlichen Zeltlager sind Musik und Lieder ein ständiger Begleiter. Ob Seemannslieder beim gemeinsamen Spülen a cappella erprobt werden, freie Zeit zum Gitarre spielen und weitergeben dieser Kunst genutzt wird, oder zur heißen Mittagsstunde ein eifriger Musiker eine feine Melodie webt, die sich zwischen schlafenden, dösenden und lesenden Menschen, einigen Zelten und dem Feuer hindurchschlängelt um in der Ferne und den Herzen der Menschen nachzuhallen, Musik ist allgegenwärtig und trägt mit unterschiedlichsten Melodien und Texten die Weltoffenheit, Jugend und Begeisterung der Pfadfinder in die Welt hinaus.